Montag, 10. März 2014

1824: Oberamtsbeschreibung von Pfullingen (12)


Klosterkirche 1977
Bildertanz.Quelle:
Merkwürdig sind die Ruinen des Klosters, das längst zerfallen, – im Jahr 1793 vollends ganz abgetragen wurde, so daß jetzt nur noch das Sprachgitter mit wenigen Mauerresten übrig ist. Es war ein Frauenkloster St. Klara Ordens, das im Jahr 1250 von den Fräulein Mechtild und Irmel gestiftet wurde, und nach und nach zu einem ansehnlichen Besitzthum gelangte. Kaiser Rudolph und seine Nachfolger bedachten es mit mancherley Vorrechten und Freyheiten, wovon Besold in Mon. virg. S. 315–363 ausführliche Nachricht gibt; selbst die Kaiserin Imagina, Adolphs Gemahlin, bezeugte sich durch eine Urkunde, datum Achalme 1294, gnädig gegen das Kloster. Der Klostershofmeister war zugleich Stabsbeamter und unter seinem Stabe standen die zum Kloster gehörigen Orte Genkingen und Reicheneck. Die Vogtey hatte Würtemberg, unter dessen Schirm das Kloster schon 1442 stand. Auf den Mauern des Klosters steht die Cameralverwaltung. Eine andere Merkwürdigkeit von Pfullingen ist das sogenannte Schrannengericht, ein Gericht, das in peinlichen Sachen unter freyem Himmel gehalten wurde. Als Wolf und Ludwig von Neuhausen und ihre Knechte einen Mann von Oberhausen getödtet hatten, so saß der Obervogt von Urach, Johann Sattler, nebst 12 Richtern und Urtelsprechern von Pfullingen vor dem Rathhause daselbst an offener freyer Königsstraß unter freyem Himmel nach Ordnung des Heil. Römischen Reichs Rechte, diß Lands und auch des Dorfs Pfullingen Herkommen, Gebrauch und Gewohnheit, in offenem, versammeltem Schrannengericht zu Recht, und weil die Edelleute nach vollendeter That die Flucht genommen, des Entleibten Erben aber eine peinliche Klage geführt, so wurden die Flüchtlinge durch den geschwornen Dorfsknecht zu den drey Straßen zu dreyen Mahlen gerufen und verkündet. Nachdem aber solches Rufen drey Tage nach einander geschehen und Niemanden von ihnen erschienen, so ist endlich die Urtel ergangen, daß die Thäter, wo sie im Heil. Römischen Reich betreten werden, mit dem Schwert hingerichtet werden sollen.
Noch muß bemerkt werden, daß die 5 Pfullinger Amtsorte ehedem zusammen Ein Gericht bildeten und überhaupt alle Spuren einer früher zusammenhängenden Herrschaft an sich tragen.

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